Das Paradies ist ganz oben - Tophotel.de

2023-02-16 16:24:05 By : Ms. Ginny Yan

Gründächer schaffen nicht nur zusätzlichen Lebensraum und ein Gegengewicht zur Flächenversiegelung, sie bringen unzählige Vorteile mit sich und passen auf jedes Gebäude. Je nach Wunsch und Baugegebenheiten wie Statik und Neigung des Dachs sind eine abgestimmte Planung und Realisierung erforderlich. Hotel+Technik hat zusammengestellt, worauf zu achten ist.

"Wir können grundsätzlich alle Dachflächen begrünen", betont Klaus Kornprobst, Geschäftsführer des Südtiroler Unternehmens Climagrün, und fügt hinzu: "Flachdächer sind besonders geeignet. Je schräger das Dach, desto intensiver muss die Planung sein und desto höher ist der Verlege- und Wartungsaufwand." Die Botschaft an Bauherren: Wer will, der kann auch. Der deutsche Dachbegrünungsspezialist Zinco hat sogar die steilen Dächer des Luxushotels GF Victoria auf Teneriffa begrünt – beidseitig über sieben Stockwerke des Gebäudes hinweg. Intensivierte Maßnahmen für Schubsicherung und Erosionsschutz, darunter eine dichte Reihe von Schubschwellen, machten es möglich.

Es lohnt sich, sagen – naturgemäß – die Spezialisten und haben viele, teils studiengestützte Argumente: Menschen sind gern in einer grünen Umgebung, und Dachbegrünungen eröffnen ein optisch ansprechendes Umfeld, mitunter sogar zusätzliche Nutzflächen wie Rückzugsräume oder Spiel- und Sportplätze. Gründächer stellen eine anerkannte Maßnahme der sogenannten Eingriffs-Ausgleichs-Regelung dar, da sie einen ökologischen Ausgleich für versiegelte Flächen schaffen.

Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung soll die Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts und des Landschaftsbilds auch außerhalb besonderer Schutzgebiete sichern und erhalten. Dieses Naturschutzinstrument konkretisiert den querschnittsbezogenen und flächendeckenden Anspruch des Naturschutzes und der Landschaftspflege.

Eingriffe in Natur und Landschaft sind vorrangig zu vermeiden. Sofern das nicht möglich ist, sind landschaftspflegerische Maßnahmen, sogenannte Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, zu ergreifen. In § 15 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) sind die Anforderungen für eine Eingriffsfolgenbewältigung formuliert worden. Demnach sind erheblich beeinträchtigte Funktionen des Naturhaushalts und des Landschaftsbilds durch gleichartige oder durch gleichwertige landschaftspflegerische Maßnahmen zu kompensieren. Einzelheiten ergeben sich aus den Naturschutzgesetzen der Bundesländer.

Durch die hohe Speicherkapazität von Niederschlägen wird die Kanalisation bei häufiger werdendem Starkregen entlastet. Je nach behördlicher Grundlage sinken auch die Abwassergebühren. Die Verdunstung verbessert das städtische Klima und kühlt das Gebäude. "Die sommerlichen Temperaturen liegen in einem begrünten Gebäude im Schnitt rund drei bis vier Grad Celsius unter denen eines unbegrünten und ungedämmten Dachs", heißt es auf der Webseite Dachbegruenung-ratgeber.de, betrieben vom Unternehmen Optigrün. Klimaanlagen können heruntergefahren werden und arbeiten effizienter.

Gleichzeitig gibt es Dämmungseffekte im Winter, die die Energiekosten senken. Bei Sempergreen spricht man von sieben Prozent Energiekosten, die ein Gründach in Summe spart. Des Weiteren werden Feinstäube und Luftschadstoffe gebunden, Elektrosmog und Mobilfunk-Strahlung gedämpft sowie Lärm reduziert. Gründächer schützen die Dachabdichtung vor Witterungseinflüssen wie etwa Sturm, Hagel, UV-Strahlung oder extremen Temperaturen sowohl im Plus- als auch Minusbereich. Optigrün kommuniziert dazu: "Fachleute gehen davon aus, dass ein Gründach etwa doppelt so lang ohne Reparaturen und Komplettsanierungs-Maßnahmen auskommt wie ein herkömmliches Dach." In immer mehr Ländern und Kommunen werden Gründächer überdies gefördert. Auf der Webseite des Bundesverbands Gebäudegrün ist eine Liste der Städte mit Förderprogrammen zu finden.

Gründächer steigern zudem dank ihrer sommerlichen Kühlfunktion die Wirkungsweise von Solaranlagen, was deutlich macht, dass es hier nicht um eine Entweder-oder-Entscheidung geht, sondern dass ein Sowohl-als-auch aus Gründach und PV- beziehungsweise Solarthermie-Anlage sogar vorteilhaft ist. Eine Nachrüstung von Solarmodulen ist zwar schwieriger als die gleichzeitige Umsetzung, aber meist möglich. Optigrün nennt in Bezug auf die Ertragssteigerung Zahlen zwischen vier und fünf Prozent. Claudia Tomsits, Trade Marketeer DACH, France & Spain bei Sempergreen, führt dazu aus: "Die idealen Bedingungen für eine PV-Anlage sind 25 Grad Celsius. Berechnungen zufolge verursacht jedes Grad darüber einen Ertragsverlust von 0,5 Prozent. Es ist ein Irrglaube, dass Solarpaneele bei hohen Temperaturen eine besonders hohe Ausbeute bringen. Diese machen vielmehr unsere Sedum-Pflanzen mit ihrer Verdunstungskälte möglich."

Viele Unternehmen bieten Gründach und PV-Anlage daher im Doppelpack an. Zinco beispielsweise kooperiert mit der Tubesolar AG und sieht neben den herkömmlichen Flächenmodulen besondere Vorzüge bei Röhren: "PV-Röhrenmodule bieten dank der Zwischenräume zwischen den Röhren und der horizontalen Bauweise eine deutlich geringere Wind-Angriffsfläche und ermöglichen dadurch eine Leichtbauweise, die auch kostengünstiger ist. Zudem erzeugen sie kontinuierlich Strom, da die Sonnenstrahlen zu jedem Zeitpunkt des Tages genau im rechten Winkel auf einen der Röhrenabschnitte treffen", heißt es seitens Zinco.

Der Systemaufbau eines Gründachs besteht, von unten nach oben, aus mehreren Schichten: dem Wurzelschutz, einer Trenn- und Schutzlage, der Dränschicht, dem Filtervlies, der Substratschicht und der Pflanzebene. Die Drainage sammelt das überschüssige Regenwasser, das nicht weiter von der Substratschicht aufgenommen werden kann und daher nach unten sickert. Das Filtervlies verhindert, dass Feinteile aus dem Substrat in die Drainageschicht gelangen. Das Substrat wiederum dient als nährstoffreicher Boden, in dem die Pflanzen wachsen. Es wird auf die geplante Vegetation abgestimmt und besteht beispielsweise aus Tonziegel, Lava, Bimsstein und Kompost.

Als "easy going" gilt die sogenannte extensive Dachbegrünung. Dort kommen niedrigwüchsige, an extreme Standortbedingungen angepasste Pflanzen zum Einsatz, die sich weitgehend selbst entwickeln und im Regelfall keine zusätzliche Bewässerung benötigen. Das Dach – vor allem die Abflüsse – sollte lediglich zweimal jährlich inspiziert, das Grün gedüngt und von Unkraut und Laub befreit werden. Die Aufbauhöhe liegt laut Zinco zwischen acht und 15 Zentimetern, das Gewicht zwischen 60 und 150 Kilogramm pro Quadratmeter. Erfordert die Tragekonstruktion eine leichtere Lösung, kann die Substratschicht beispielsweise durch Mineralwolle ersetzt werden, sodass das Sättigungsgewicht – in diesem Fall von der Sempergreen-Lösung – bei maximal 55 Kilogramm pro Kubikmetern liegt.

Intensivbegrünungen mit Kräutern, Stauden, Sträuchern und Bäumen wiegen schwerer, das gilt ebenso für die bereits erwähnten Funktionsdächer. Hierzu zählen auch Retentionsdächer, die, etwa mittels spezieller Spacer-Elemente, noch mehr Wasser zurückhalten. Das Spektrum an Möglichkeiten komplettieren etwa Klima-Gründächer von Zinco, die im Rahmen eines DBU-Forschungsprojekts entwickelt wurden und auf maximale Verdunstungsleistung ausgelegt sind, oder Biodiversitätsdächer, die mehrere Anbieter im Programm haben und die noch mehr Lebensraum für Vögel, Schmetterlinge und Bienen bieten.